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Das Gedicht ist die wohl konzentrierteste Form, den Kampf gegen die Gewalten, mit denen sich die Seele auseinandersetzen muß, ihrer materiellen Umgebung mitzuteilen.

Helga Panitzky

 Aus: "Im Zyklus der Zeit" ISBN 978-3-89811-261-1  7,57 EUR

 Kätchens Neugier

"Sag Mutter, was bedeutet Krieg?"
fragt das kleine Kätchen.
"Ein kleines Mädchen fragt das nicht
mein allerliebstes Kätchen!"

Das Kätchen fragt nun den Papa:
"Sag Vater, was bedeutet Krieg?"
Der Vater räuspert sich und spricht:
"Der Mensch kämpft um den Sieg!"

Da läuft das Kätchen zu der Oma,
stampft wütend mit dem Fuß.
"Sag Oma, was bedeutet Krieg?
Ich hätt's so gern gewußt."

Die Oma spricht leis im Vertrauen:
"Mein Kind, nun das verstehst du nicht!"
Böse funkeln Kätchens Augen,
und sie zum Opa spricht:

"Sag Opa, was bedeutet Krieg?"
Wütend ist das kleine Kätchen.
Dieser schaut sie an und spricht:
"Mein kleines, dummes Mädchen.

Der Krieg ist nichts für dich mein Kind,
du bist noch viel zu klein."
Das Kätchen läuft hinaus geschwind
zum hellen Sonnenschein:

"Bitte lieber Sonnenschein,
wie soll ich das versteh'n?
Alle sagen, ich sei zu klein,
so kann's nicht weitergeh'n!"

"Mein Kätchen,"
lacht der Sonnenschein,
"freu dich an anderen Dingen.
Der Krieg ist grausam und gemein.
Hörst du die Wolken singen?

Sie singen dir das Lied der Zeit
und stillen dein Begehren,
sie öffnen deine Seele weit
und möchten dir erklären.

Daß kleine Mädchen, grad wie du
nicht stellen solche Fragen.
Sie sind der Boden geradezu
für Leid und wild Verzagen!"

Das Kätchen schweigt und lauscht gebannt
und hört den Wolken zu.
"Ich weiß, ich habe nun erkannt:
der Krieg bin ich und du!"

(C)2010by Helga Panitzky